Der kleine Ort Pushkar ca. 11 km nordwestlich von Ajmer weist mit über 400 Tempeln eine der höchsten Tempeldichten Indiens auf und zählt zu den heiligen Städten des Hinduismus. Berühmt ist der Ort vor allem wegen seines Sees, der jährlich hunderttausende Pilger anzieht.
Der Legende nach flog einst Brahma, der Weltenschöpfer, auf seinem göttlichen Reittier, der Gans Hansa, auf der Suche nach einer geeigneten Stelle für ein Opfer über die Erde.
Um zu entscheiden, welcher Ort dies sein sollte warf er eine Lotusblume auf die Erde. Dort, wo die Blätter landeten, sprudelte sogleich eine unterirdische Quelle hervor und es entstand ein See. Brahma erwählte diesen Platz für sein Opfer und nannte ihn nach dem Lotus “Pushkar”. Für die Hindus besitzt Pushkar seither herausragende religiöse Bedeutung.

Ghats und Altstadt
Der zentral im Ort gelegene See gilt als der heiligste See Indiens und ist von allen Seiten mit 52 Badetreppen, sogenannten Ghats, umgeben, die von den Fürsten Rajasthans erbaut wurden. Das Varah-Ghat gilt als besonders heilig, da hier einst Vishnu in Gestalt eines Keilers erschienen sein soll. Die zwei anderen Hauptghats, das Brahma-Ghat und das Gau-Ghat dienen den rituellen Waschungen. Die Pilger baden dort und reinigen sich in vorgeschriebenen Ritualen, die Pujas genannt werden, von den Sünden ihres Lebens. Ausgeführt werden diese Zeremonien nur von den Männern der in Pushkar ansässigen Kaste der Brahmanen. Viele Pilger vollziehen hier auch die letzten Rituale für einen Verstorbenen aus der Familie. Um sich zu reinigen, lassen sie sich ihr Haar abschneiden bevor sie ein Bad im See nehmen.
Der spirituellen Atmosphäre kann man sich in Pushkar nicht entziehen. Bereits um vier Uhr morgens rufen die Trommeln und Glocken des Brahma-Tempels zum ersten Gebetsritual und abends bei Sonnenuntergang vernimmt man erneut den Klang des Muschelhorns, mit denen zur Aarti, dem gesungenen Gebet, geblasen wird. Fotografieren ist an den Ghats allerdings verboten und man sollte eine gewisse Vorsicht walten lassen , vor selbst ernannten Priestern, die Touristen gerne Blumen geben, um diese dann in den See zu werfen. Für solche Rituale oder sonstige Segnungen wird dann oft viel Geld verlangt.

Trotz der vielen Pilger ist Pushkar ein eher gemütlicher und vergleichsweise ruhiger Ort, der Reisende zum Verweilen einlädt und auch viele Aussteiger und Rucksacktouristen anzieht. In den kleinen Gassen finden sich allerlei Souvenirshops, Cafés und Restaurants, während sich vor dem Brahma-Tempel lange Ladenzeilen aneinanderreihen, in denen man Süßigkeiten als Opfergaben, Blütengirlanden, Farbpulver, Götterstatuen, Räucherwerk, Öllampen oder auch Kultbilder für den Hausaltar kaufen kann.
Brahma-Tempel
Der Brahma-Tempel in Pushkar ist einer von nur sehr wenigen existierenden Brahma-Tempeln in Indien. Er gilt als einer der heiligsten Hindutempel, weil hier der einzige Ort auf Erden sein soll, wo sich Brahma manifestiert hat. Der ursprüngliche Tempel aus dem 14. Jahrhundert wurde vom letzten Mogulkaiser Aurangzeb zerstört, dem dieses populäre Hinduheiligtum nahe der großen islamischen Wallfahrtsstätte in Ajmer ein Dorn im Auge war. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann der hauptsächlich durch Spenden finanzierte Wiederaufbau des Tempels. Der Tempel lohnt einen Besuch wegen der silbernen, in den Boden am Eingang eingelassenen Schildkröte und der viergesichtigen Brahma-Statue mit ihren golden glänzenden Augen im Allerheiligsten. Von den umliegenden Mauern hat man außerdem einen schönen Ausblick auf die Umgebung.
Pushkar Mela
Einmal im Jahr, jeweils an den letzten fünf Tagen vor dem Vollmond des indischen Monats Kartik (Oktober/November), ist Pushkar das Ziel einer der größten hinduistischen Wallfahrten, der Pushkar Mela. Diese Tage sind in Pushkar absolute Hochsaison, die Preise schnellen in den Himmel und hunderttausende von Pilgern strömen in den kleinen Ort. Wer um diese Zeit, und insbesondere in der Vollmondnacht “Kartik Purnima”, ein Bad im Heiligen See nimmt soll von allen Sünden befreit werden. Nachts setzen die Gläubigen unzählige kleine Blätterschiffchen mit Blumen und Öllämpchen als Opfer an die Götter auf das Wasser, die dann langsam auf den See treiben – ein unvergesslicher Anblick.
Doch die Pushkar-Mela ist nicht nur ein religiöses Ereignis. Für die Dauer der Festtage entsteht vor den Toren Pushkars eine riesige Zeltstadt und der kleine Ort verwandelt sich in den größten Kamelmarkt der Welt. Mehr als 50.000 Kamele, von ihren Besitzern nach allen Regeln der Kunst herausgeputzt, werden zum Kauf angeboten, dazu Pferde und anderes Vieh. Für die Besucher, die teilweise aus entlegenen Wüstendörfern anreisen, ist die Pushkar Mela das Großereignis des Jahres und Jahrmarkt und Hochzeitsmarkt in einem. Wenn die nachmittäglichen Kamelrennen vorbei sind findet man auf dem Jahrmarkt Glücksspiele und Essensstände und unter die Pilger mischen sich Zauberer, Sadhus, Musiker, Akrobaten, Gurus, Gaukler und Gauner.
Kein westlicher Besucher wird sich der Atmosphäre entziehen können. Das Klischee vom märchenhaften Indien scheint hier noch sehr real, wenn verwegen aussehende Männergestalten mit eindrucksvollen Schnurrbärten und Turbanen in den Dünen um Kamele feilschen, Schmiede mit mittelalterlichem Werkzeug hantieren oder abends zwischen den Zelten der Rauch hunderter Lagerfeuer in den Wüstenhimmel steigt. Im Abendlicht bieten sich dem Betrachter dann Bilder von geradezu unerhörter Poesie, die er so schnell nicht vergessen wird. Wer Rajasthan um diese Jahreszeit besucht sollte sich das überwältigende Erlebnis der Pushkar Mela nicht entgehen lassen.
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