Khajuraho-Tempel Geschichte des Kamasutra

khajuraho tempel

Die Khajuraho Tempel sind auch sehr gut besuchte Sehenswürdigkeiten Indiens. Vor über 1000 Jahren, unter der Herrschaft der Chandela-Rajputen Könige Zentralindiens, müssen Tausende Steinmetze mit dem Bau der ursprünglich 85 Tempelbauten beschäftigt gewesen sein, die innerhalb einer erstaunlich kurzen Zeitspanne von nur 100 Jahren, zwischen 950 und 1050 n. Chr., entstanden. Sie zeichnen sich durch unzählige prachtvolle, aufwendige Reliefs und Skulpturen aus und wurden 1986 von der Unesco in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Khajuraho Group of Monuments
Khajuraho Group of Monuments Copyright© Ko Hon Chiu Vincent


In feinstem Sandstein verewigt finden sich hier Darstellungen von Fabelwesen, Göttern und Himmelstänzerinnen. Darüber hinaus aber auch überaus freizügige und offensichtlich vom Kamasutra inspirierte Abbildungen erotischer und hemmungsloser Akte, von Selbstbefriedigung, Gruppensex, Fellatio und sogar Sodomie. Die Lust als göttliches schöpferisches Prinzip wurde in all ihren Facetten und bis ins kleinste Detail dargestellt.

Die erotischen Skulpturen von Khajuraho tempel, die verschiedene Aspekte der menschlichen Sexualität und Sinnlichkeit darstellen.
Die erotischen Skulpturen von Khajuraho tempel, die verschiedene Aspekte der menschlichen Sexualität und Sinnlichkeit darstellen.

Als 1833 der britische Offizier T.S. Burt die über sieben Jahrhunderte in Vergessenheit geratene und vom Dschungel überwucherte Anlage wieder entdeckte, war dies auch der Grund, warum die damals von Prüderie geprägte englische Gesellschaft auf seine Entdeckung weniger begeistert als viel eher geschockt reagierte. 22 der einst 85 Tempel waren noch erhalten und beinahe unversehrt. Doch Königin Victoria soll zunächst darüber nachgedacht haben die „höchst unanständigen, ausgesprochen obszönen“ Bauten zerstören zu lassen. Erst nach langwierigen Diskussionen kamen auch die Engländer zu dem Schluss, dass die an den Innen- und Außenwänden der Tempel verewigten Kunstwerke eine Hinterlassenschaft von unschätzbarem Wert darstellten.

Ursprünglich gab es in Khajuraho 85 Tempel, von denen aber nur etwa 20 bis heute erhalten geblieben sind.
Ursprünglich gab es in Khajuraho 85 Tempel, von denen aber nur etwa 20 bis heute erhalten geblieben sind.

In der indischen Tempelarchitektur ist der gesamte Tempelbezirk einzigartig. Die Tempel stehen auf einem hohen, gemauerten Podest und nicht, wie sonst üblich, ebenerdig innerhalb einer Umfriedung. Die ansteigenden Dächer der Hauptkammern erheben sich wie hohe Berge über die Kronen der Bäume. Zusammen mit der Höhe der Tempel entsteht ein Eindruck von Eleganz und Unbeschwertheit, der an die Gipfel des Himalayas erinnert.

Khajuraho-Geschichte des Kamasutra

Die Westgruppe

Die Tempel von Khajuraho werden in drei geographische Gruppen unterteilt: West-, Ost- und Südgruppe. Die schönsten und beeindruckendsten Tempel befinden sich in der “Westlichen Gruppe”.

Der größte Tempel ist der Kandariya Mahadev, der Shiva geweiht ist. Der schlanke, 31 Meter hohe Turm symbolisiert den mythischen Weltenberg Meru. Die Außenwände zieren in drei Reihen mehr als 900 Figuren von bis zu ein Meter Höhe. Die meisten Darstellungen unterschiedlichster sexueller Praktiken findet man hier und nicht selten kann man junge männliche Besucher kichernd vor den Abbildungen beobachten. Herausragend sind außerdem die vielen weiblichen Figuren, die üppig und in den verschiedensten Posen dargestellt wurden: Eine Frau schreibt einen Brief, eine löst ihren Hüftgürtel, eine andere entkleidet sich, wieder eine andere verbirgt sich schüchtern hinter ihrer Hand. Sogar der prüfende Blick in den Spiegel und das Schminken der Augen wurden eindrucksvoll in Stein verewigt.

Der Devi Jagadambe Tempel auf derselben Plattform hat besonders feine Steinplastiken. Nördlich davon und nach Osten, zur aufgehenden Sonne hin, ausgerichtet steht der Chitragupta Tempel des Sonnengotts Surya. Im Inneren befindet sich ein beeindruckendes, 1,5 Meter hohes Abbild dieses mächtigen Gottes, der einen von sieben Pferden gezogenen Streitwagen fährt. Die außen abgebildeten Gruppenszenen zeigen u.a. königliche Prozessionen, Elefantenkämpfe, Jagdszenen und Gemeinschaftstänze. Der üppige Lebensstil der Chandela-Könige und ihres Hofstaates zeigt sich hier in all seiner Pracht.

Der Vishvanath Tempel ähnelt dem Kandariya Mahadev Tempel. Löwen flankieren die nördliche und Elefanten die südliche Treppe, die zum Tempel führt und die Außenwände sind üppig verziert. Vor dem Vishvanath-Tempel steht in einer Halle der riesige Nandi-Stier, das Reittier Shivas.

Unter den Vishnu-Tempeln ist der riesige Lakshmana-Tempel der schönste. Die Plattform, auf denen der Tempel ruht, wird von bemerkenswerten Friesen verziert, die eine Mischung aus kriegerischen und sexuellen Szenen zeigen. So beobachtet man in die Schlacht ziehende Soldatenheere, Prozessionen von Elefanten Paare beim Akt und einen Soldaten, der eine Stute begattet. Der Türsturz über dem Eingang zeigt die Dreifaltigkeit von Brahma, Vishnu und Shiva, sowie Vishnus Gemahlin, Lakshmi.
Nicht versäumen sollte man außerdem den Vahara-Schrein direkt gegenüber: Er enthält eine Darstellung Vishnus in seiner Inkarnation als Eber. Die Oberfläche der 2,75 m hohen Statue ist mit 674 kleinen Bildnissen von Gottheiten Figuren aus dem hinduistischen Pantheon bedeckt.

Die Ostgruppe

Neben der westlichen Gruppe sind noch die Jain-Tempel der östlichen Gruppe sehenswert. Sie liegen dem Dorf Khajuraho am nächsten. Die Fassaden des größten Jain-Tempels, des Parashvanath-Tempels, und des kleineren Adinatha-Tempels unterscheiden sich kaum von denen der Hindu-Tempel. Auch hier sind sowohl Hindu-Götter als auch alltägliche Aktivitäten der Sterblichen zu dargestellt – eine Frau sitzt in Gedanken versunken über einem Brief, ein junges Mädchen entfernt einen Dorn aus ihrem Fuß… Lediglich die Tirthankara-Idole sind den Jain-Tempeln eigen. Man erkennt sie an drei Schirmen, dem rhombenförmigen Juwel der Erkenntnis auf der Brust und ihrer Nacktheit.

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